Es waren Freunde, die unser Haus entdeckten. Sie wussten, dass wir schon seit Längerem auf der Suche nach einem Haus am Stadtrand von Schleswig waren. Sie organisierten für uns einen Besichtigungstermin und während wir durch die Räume streiften, wussten wir: das ist das Haus, in dem wir unseren Traum vom Leben und Arbeiten verwirklichen wollen. Acht Monate später waren wir stolze Eigentümer. Mitten im Winter, es lag kniehoch Schnee, zogen wir ein und waren unendlich glücklich. Wir machten uns sofort an die Arbeit, renovierten alles und bauten das gesamte Obergeschoss zu unserem Atelier aus.
„Wir hatten keine Ahnung, aber wir wussten, was wir wollten.“
An einen Garten hatten wir in unseren Planungen nicht gedacht. Wir waren so fokussiert auf den Innenausbau, dass wir erst im darauffolgenden Sommer bemerkten, dass die kleine Terrasse mit den Betonpflanzkübeln ganz schrecklich hässlich war und wir bei unserem Feierabend-Vino auf einen wilden Hang mit blühenden Disteln schauten. Wir hatten keine Ahnung vom Gärtnern, aber wir wussten ziemlich schnell, was wir wollten. Der Garten sollte ein grünes Paradies im englischen Stil mit bunten Cottage-Beeten werden. In die Idee, morgens mit einem Blumenkörbchen durch den Garten zu streifen und frische Blumen für meine Vasen zu schneiden, war ich sofort verliebt und die schönen Bildstrecken in den Gartenmagazinen bestärkten uns, das Projekt Garten anzugehen.
Unsere ersten Gartenversuche bestanden darin, dass wir angrenzend an die Terrasse kleine Rosenbeete anlegten. Alwins Patenonkel kommentierte diese Beete mit dem Satz: „Das sieht ja aus wie auf dem Friedhof.“ Ein zynisch böser Kommentar. Aber leider hatte er recht. Uns wurde klar, dass uns das Projekt „Englischer Garten“ nur gelingen wird, wenn wir es gut planen und strukturiert vorgehen. Ich begann, mich ganz intensiv mit Gartengestaltung zu beschäftigen, lernte so viel ich konnte über grüne Gartenzimmer, erkannte den Wert der präzisen Planung und legte einen Ordner an, in dem jeder Bereich exakt in Architektur und Pflanzen abgelegt war. Damals gab es Pinterest noch nicht und ich ersteigerte mir stapelweise alte Gartenzeitschriften. Diese arbeitete ich sorgfältig durch und sortierte sie nach Jahreszeiten, um zu überprüfen, ob meine Planungen auch wirklich funktionieren werden. Denn der Garten sollte auch in den Herbst- und Wintermonaten schön aussehen.
2004 – 2006 | Die Terrasse, das Sonnenplateau & der Abendgarten
Kreativ zu arbeiten heißt für mich, seit so vielen Jahren ausschließlich visuell am Rechner zu arbeiten. So ist es für mich kein Problem, digital alles das zu erfassen, was es braucht, um ein kreatives Werk zu erschaffen. Jedoch musste ich in der Planung unseres Gartens ganz altmodisch analog arbeiten. Ich wurde mit den Visualisierungsprogrammen für die Gartengestaltung einfach nicht warm. Ich schnappte mir meinen Skizzenblock und die Stifte und lief zu unterschiedlichen Tageszeiten um das Haus herum. Ich bin eine Meisterin darin, mir im Nichts duftende Rosenbeete vorzustellen! Ich entwarf unseren Gartenplan und wir begannen im Sommer 2004 mit den ersten Arbeiten.
Im ersten Bauabschnitt bauten wir unsere Terrasse neu und erweiterten unsere Hofauffahrt. Heute wird mir bewusst, wie nachhaltig wir damals in unseren Planungen gedacht haben. Denn die alten Materialien zu entsorgen, kam für uns nicht in Frage. Die abgetragenen Terrassenklinker putzten wir mit einer Schrubberbürste sauber und verwendeten sie für Pflasterarbeiten unserer Hofauffahrt. Auch die hässlichen Betonpflanzkübel kamen zum Einsatz und dienten zur Stabilisierung des Sonnenplateaus.
„Und jedem Anfang liegt ein Zauber inne“
Hinter unserem Haus befindet sich eine weitere kleine Terrasse, die sehr schön in der Abendsonne liegt. Während Alwin damit begann, das Sonnenplateau zu bauen, kümmerte ich mich um unseren Abendgarten, wie wir ihn liebevoll nennen. Ich pflanzte blühende Ziersträucher als Sichtschutz zu den Nachbarn, setzte von Frauenmantel gesäumte Rosenstöcke und legte die ersten Cottage-Beete an. Dabei hatte ich nostalgisch prall gefüllte Beete im Kopf: Bergenien, Phlox, Sterndolde, Astilbe, Storchschnabel, bunte Kräuter – alles begleitet von duftenden Rosen. Für die Struktur setzte ich vor die Blühsträucher Bauernhortensien, über deren große Blütenbälle die zarten, kleinen Blütenköpfe der Herbstanemone schweben. Da ich mir wünschte, dass der Abendgarten auch im Herbst warm leuchtet, pflanzte ich einen großen Fächerahorn, der uns seitdem ab Oktober rotes Laub schenkt.
Wir verbrachten jede freie Minute in unserem Garten und so vergingen die ersten drei Sommer wie im Flug. Als sich 2006 langsam der Sommer dem Ende neigte, saßen wir auf unseren alten, wackeligen Gartenstühlen und bestaunten unser geschaffenes Gartenwerk. Wir waren unendlich stolz und glücklich, trotz geschundener Hände, Muskelkater und blauer Flecken. Und als ob unser Glück nicht schon perfekt schien, überraschte meine Mutter uns mit einem Strandkorb. Den Herbst und Winter nutzte ich für die weiteren Planungen, denn den kommenden Sommer wollten wir uns an die Eroberung des Hangs wagen.
Warum wir unsere Pläne ändern und erst eine Terrassenüberdachung bauen mussten. Und warum ich die 450 Buchsbaumpflanzen wieder aus der Erde buddeln musste, erzähle ich euch im 2. Teil meiner Gartenreportage „Wie ich aus einem wilden Hang, einen Garten im englischen Stil machte.“
„Ein Garten – das ist etwas ungeahnt Schönes, etwas Leichtes, das Sinnlichkeit und Zuversicht ins Leben bringt.“
Gabriella Pape, Gartenarchitektin